Im Anschluss an die Länderkonferenz der Referentinnen und Referenten für Kinder- und Jugendhilfe in Villach präsentierten Landesrätin Sara Schaar und die niederösterreichische Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig heute, Freitag (4. Oktober 2024), die wesentlichsten Ergebnisse im Rahmen einer Pressekonferenz. Die Landesrätinnen und Landesräte traten insgesamt für eine wesentlich stärkere finanzielle Beteiligung des Bundes an der Kinder- und Jugendhilfe ein und unterstrichen dies mit 16 einstimmigen Beschlüssen.
„Wir erwarten uns von der künftigen Bundesregierung, die in den letzten Jahren stark vernachlässigte Kinder- und Jugendhilfe endlich prioritär zu behandeln, und wir erwarten uns ein Commitment des Bundes, dass ihm die Kinder- und Jugendhilfe etwas wert ist“,
so die beiden Landesrätinnen.
Bund trägt finanzielle Verantwortung
Eine zentrale Forderung ist die Bereitstellung von zusätzlichen finanziellen Mitteln für bereichsübergreifende Projekte (u. a. zu psychosozialer Gesundheit, Jugendkriminalität, Bildung etc.), um die immer komplexer werdenden Herausforderungen in diesem Bereich bewältigen zu können.
„Der Bund kann sich bei einem so wichtigen Thema nicht aus der finanziellen Verantwortung verabschieden, er muss auch mitfinanzieren, nicht nur die Länder und Gemeinden. Auf Antrag Kärntens soll im Rahmen der bundesweiten ARGE Kinder- und Jugendhilfe weiters eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden, um die Qualitätsstandards bestmöglich aufeinander abzustimmen und diese gemeinsam weiterzuentwickeln“,
so Schaar.
Seit der „Verländerung“ der Kinder- und Jugendhilfe vor vier Jahren ist sie finanziell gänzlich Ländersache, was zu teils unterschiedlichen Handhabungen geführt hat. Jedes Kind müsse dieselben Chancen haben, unabhängig davon, in welchem Bundesland es lebt, so die Referentinnen und Referenten unisono.
„Es ist an der Zeit, den Bund wieder in die finanzielle Verantwortung zu nehmen“,
unterstreicht Königsberger-Ludwig.
Kampf gegen Kinderarmut
In weiteren Anträgen auf Initiative Kärntens wird eine Unterhaltsgarantie zur Bekämpfung der Kinderarmut gefordert und der Bund aufgefordert, für eine kostenfreie und digitale Möglichkeit zu sorgen, die Strafregisterbescheinigung für alle haupt- und ehrenamtlich mit Kindern und Jugendlichen tätigen Personengruppen zu erhalten.
„Im Sinne des Kinderschutzes muss die Strafregisterbescheinigung regelmäßig vorgelegt werden. Dies darf für die Mitarbeitenden in der Kinder- und Jugendhilfe nicht zu zusätzlichen Kosten führen“,
so Schaar.
Mehr Ausbildungsplätze gefordert
Zudem wurde erneut auf den akuten Fachkräftemangel hingewiesen, der nur durch noch stärkere Investitionen in Ausbildung bzw. Studienplätze (u. a. für Soziale Arbeit, Sozialpädagogik) gelöst werden kann. Auf Antrag Niederösterreichs wird der Bund aufgefordert, die Zahl der Ausbildungsplätze für Sozialarbeit in den Jahren 2025 bis 2027 um zumindest 550 Plätze zu erhöhen und diese Ausbildung leistbar zu gestalten.
„Wir brauchen in der Sozialarbeit und in der Sozialpädagogik bestausgebildete Menschen. Diese Fachbereiche müssen in der Ausbildung in den Fokus, um Kinder und Jugendliche gut begleiten zu können“,
betont Königsberger-Ludwig.
Mitverantwortung wahrnehmen
Auf Initiative Niederösterreichs konnte heute auch ein Diskurs gestartet werden, wenn es um jene Kinder und Jugendlichen geht, die durch ihr Verhalten schulische Klassengefüge ins Wanken bringen.
„In Österreich wird ganz unterschiedlich mit diesen Kindern umgegangen. In Niederösterreich z. B. trägt die Kinder- und Jugendhilfe die Kosten, um suspendierte Kinder oder Systemsprengerinnen und Systemsprenger zwischenzeitlich zu beschulen, bis sie wieder im Schulsystem aufgenommen werden können. In anderen Bundesländern gibt es Kooperationsprojekte mit den Bildungsdirektionen oder die alleinige Verantwortung dieser. Es freut mich, dass wir heute einen Diskurs starten konnten, um hier auch andere Fachbereiche, wie Bildung oder Gesundheit, stärker in die Mitverantwortung zu holen.“
Interdisziplinäre Zusammenarbeit gefordert
Die Landesrätinnen und Landesräte betonen, dass Kinderschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sowie die Kinder- und Jugendhilfe als Querschnittsmaterie eine enge Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Gemeinden sowie darüber hinaus von den unterschiedlichen tangierten Ressorts (z. B. Gesundheit, Bildung, Justiz, Kinder- und Jugendhilfe etc.) im Sinne einer interdisziplinären Zusammenarbeit erfordert.
Königsberger-Ludwig:
„Bei allen Themen, in denen es um das Kindeswohl geht, bleibt am Ende oft nur die Kinder- und Jugendhilfe übrig – ob Bildung, Gesundheit oder Kinderarmut. Es ist aber eine gesamtgesellschaftspolitische Aufgabe und wir müssen hier alle an einem Strang ziehen!“
Alle Anträge einstimmig beschlossen
Auf Antrag Oberösterreichs war die seit Jahren geforderte bessere sozialversicherungsrechtliche Absicherung von Pflegepersonen sowie von Findelkindern und Kindern und Jugendlichen in voller Erziehung erneutes Thema.
„Hier geht es um Ungleichstellungen, die wir dringend ändern müssen“,
so Schaar.
Ein weiterer Antrag von Salzburg, ebenfalls einstimmig beschlossen, fordert den Bund auf, kostendeckende Vergütungen für die Besuchsbegleitung bereitzustellen, wenn Elternteile selbst nicht zahlen können, damit für gerichtlich angeordnete und fachlich gebotene Besuchsbegleitung in allen Bundesländern ausreichende Kontingente sichergestellt sind.
„Bei der diesjährigen Konferenz hatten wir viel Raum für wichtigen Erfahrungsaustausch und wir haben gezeigt: Zwischen uns als Bundesländer passt kein Blatt Papier. Ich danke allen Beteiligten für die großartige Zusammenarbeit und die Bereitschaft für Weiterentwicklungen im Sinne der Kinder, Jugendlichen und Familien“,
sagt Schaar abschließend.
Den Vorsitz der Konferenz übernimmt im kommenden Jahr das Bundesland Salzburg.